Rückschau und Ausblick

Der Waldverein Regensburg ist auch nach mehr als 80 Jahren Bestand fest gefügt. In der ganzen Zeit seiner Geschichte ist es - die Auflösung bei Ende des 2. Weltkrieges ausgenommen - immer wieder gelungen, seine Existenz zu sichern.

Das scheint bis zum Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre nicht allzu schwer gewesen zu sein. Dann allerdings kostete es oft erhebliche Mühe, Persönlichkeiten für die maßgeblichen Positionen im Vorstand, in der Markierungsarbeit oder als Wanderführer zu gewinnen. Meist waren das dann Pensionisten und Rentner schon hoch in den 60ern oder bereits in den 70ern. Eine langfristige Mitarbeit war so kaum mehr zu erreichen.

Persönlichkeiten wie Eduard Zwack, Max KappeImeier, Philipp Schipper, Ludwig Akstaller oder Paul Pemsel - um nur diese zu nennen - die dem Verein gegen 30 Jahre und länger gedient haben, wird es kaum mehr geben. Andererseits hat der Verein auch treue Mitglieder, die sich im Notfall zur Verfügung stellen.

Die Ausrichtung des Vereins hat sich geändert. Ging es früher um die Erschließung des Bayerischen Waldes und der Umgebung von Regensburg vor allem zur Förderung des Fremdenverkehrs, so ist nach dem 2. Weltkrieg das Wandern immer mehr in den Vordergrund getreten. Von außen wird der Waldverein meist als ein Wanderverein gesehen. Es wäre nicht richtig zu sagen, die Zeiten des gemütvollen Wanderns - in der kleineren Gruppe - seien vorbei. Es hat sie schlechthin kaum jemals gegeben. Gewiss haben in den 20er, vor allem in den 30er Jahren die Wanderwarte öfter, als heute, nur eine kleine Schar in die Landschaft hinaus geführt.

Aber auch damals gab es Massenausflüge. Wenn 1923 von mehr als 300 Teilnehmern bei zwei Wanderungen berichtet wird, so kann das kaum gemütvoll gewesen sein und Fahrten in den 50er und 60er Jahren mit bis zu drei Omnibussen und manchmal mehr als 100 Teilnehmern waren es - so möchte man meinen - auch nicht. Indessen: die Wanderer selbst sehen das etwas anders, wohl auch schon früher. Sofern man auf der Wanderstrecke nicht nur die Natur genießt, gibt es bei weit auseinander gezogener Gruppe eine Plauderei bald da, bald dort.

Wenn es in der Gastwirtschaft eng hergeht, tut das der Stimmung meist keinen Abbruch. Befreundete setzen sich zusammen und haben ihre Unterhaltung, auch wenn es um sie herum ziemlich lebhaft ist. Und schließlich: die kleineren Gruppen, die man mit der Vorstellung des gemütvollen Wanderns verbinden wird, gibt es auch heute noch.

Bei Sonntagswanderungen in der Umgebung von Regensburg wird eine Teilnehmerzahl von 30 bis 35 häufig nicht überschritten, ein kameradschaftlich eng verbundener Kreis. Aber auch bei stärkerem Zuspruch gelingt es der Wanderführerin und auch dem einen oder anderen Wanderführer immer wieder, das Gefühl freundschaftlicher Betreuung zu vermitteln, Gemeinschaftsgeist zu wecken.

Die Markierungsarbeit wird wohl ihren festen Platz im Vereinsbetrieb behalten. Sie war von Anfang an die ihn kennzeichnende Leistung; sie sollte es bleiben. Der Umfang des Markierungsnetzes mag sich ändern. Im Randbereich unseres Arbeitsgebietes sind schon vor längerer Zeit Organisationen mit ähnlicher Zielsetzung aufgetreten. Einen Zuständigkeitsstreit mit ihnen sollte es nicht geben.

Mit vollem Bewusstsein müsste sich der Verein wieder mehr dem Naturschutz zuwenden, der substantieller und durch Fachwissen ausgerichtet sein sollte. Als einem Verein, der durch seine Wanderungen und mit seiner Markierungsarbeit in engem Kontakt zur Natur steht, kommt ihm bei der Wahrung ihres Schutzes besondere Bedeutung zu.

Blühendes kulturelles und geselliges Leben hat es im Verein nur zeitweise gegeben. Das war so in den 20er Jahren und in der ersten Zeit nach seiner Wiedergründung bis etwa Mitte der 50er Jahre, mit unterschiedlicher Kraft auch vor dem 1. Weltkrieg, damals allerdings "echtes" Leben mit breiter Beteiligung. Das spontane Zusammenfinden von Mitgliedern zur Aufführung eines Theaterstückes zur Förderung der Vereinszwecke, wie wir es 1905 antreffen, hat es später kaum mehr gegeben. Die Zeiten um Pieps Dengier in der ersten Hälfte der 20er Jahre und um Dr. Fischer und Professor Dr. Dünninger nach dem 2. Weltkrieg kommen wohl nicht wieder. Es wäre aber nicht richtig zu sagen, dass heute kulturelle Betätigung und Geselligkeit im Rahmen eines Dienstleistungsbetriebes stattfinden würden.

Gewiss hat der außerordentlich umfangreiche Fahrten- und Wanderbetrieb mit der Besichtigung zahlreicher Kirchen und anderer Kunstdenkmäler einen nahezu professionellen Charakter angenommen. Aber die persönlichen Beziehungen und Verbindungen spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Es sind Veranstaltungen des Vereins, an denen man teilnimmt, bei denen man sich mit Freunden trifft, auch zum gemeinsamen kulturellen Erlebnis. Nicht verkannt werden darf dabei, dass es in einer Zeit allseitigen Veranstaltungsangebotes für den Waldverein schwer ist, eigenständiges kulturelles Leben von einiger Qualität zu entfalten und dafür die erforderliche Resonanz zu finden. Immerhin zeigen sich hier über den Bereich der Wander- und Kulturfahrten hinaus Ansätze wie etwa Theaterfahrten zum Besuch ostbayerischer Festspiele oder die Adventfeiern in Eslarn.

Der Waldverein Regensburg wird seine Arbeit fortsetzen und dabei wie bisher Anerkennung finden. Neues Entsprechendes sollte hinzugewonnen, gutes Altes, verloren Gegangenes erneuert werden. Wie er sich in der Vergangenheit bewährt hat, wird er auch eine gute Zukunft haben.

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